Im Fokus: 300 Jahre Meißen. Glanzstücke aus der Sammlung Ludwig
15. Mai - 17. Oktober 2010
Das dreihundertjährige Gründungsjubiläum der ersten europäischen Porzellanmanufaktur in Meißen wird 2010 in vielen deutschen Museen groß gefeiert. Am 23. Januar 1710 wurde die „Königlich-Polnische und Kurfürstlich-Sächsische Porzellanmanufaktur“ auf der Albrechtsburg in Meißen gegründet.
Auch die Sammlung Ludwig in Bamberg rückt mit einer Sonderausstellung zum Festjahr ihre Objekte in ein neues Licht. Weit über einhundert Objekte veranschaulichen die spannende Geschichte des Meißener Porzellans. Sie erzählen von den ersten Experimenten mit dem neuen Werkstoff, den begeistert gefeierten Erfolgen, aber auch den technischen Schwierigkeiten, die überwunden werden mussten, bevor das reinweiß strahlende Porzellan aus den Brennöfen kam. Vom Sammelfieber der Fürsten und Könige wird die Rede sein und von der Kreativität der Künstler, die sich zu Höchstleistungen anspornen ließen, weil der Adel meinte, ohne Porzellan nicht mehr leben zu können.
Die ganze Lebenswelt an den europäischen Höfen wurde nach und nach vom Porzellan durchdrungen. Meißen lieferte Service für die damaligen exotischen In-Getränke Tee, Kaffee und Schokolade an alle, die damals Rang und Namen hatten: In der Sammlung Ludwig ist die Kaffeekanne zu bewundern, die Papst Benedikt XIV. vom sächsischen Kurfürsten zum Geschenk erhielt, daneben auch Tassen, die als Präsent an die Zarin Elisabeth von Russland gingen.
Eine ausgesprochene Rarität ist das chinesische Schachspiel, in dem statt König und Dame der Kaiser von China mit Mandarinen, außerdem Kriegselefanten und Streitwagen zum Einsatz kommen. Ob die kleinen Kostbarkeiten tatsächlich zum Spielen verwendet wurden, oder ob sie vor allem das Prestige ihrer Besitzer vermehren sollten, muss offen bleiben.
Einen besonderen Blickfang auf der Festtafel bildete die 70 cm hohe, dreiteilige Tischfontäne, die den Gästen zum Händewaschen dienen sollte. Das Exemplar in der Sammlung Ludwig gehört zu den ganz wenigen, die komplett erhalten sind: Der muschelförmige Wasserbehälter wird von Neptun auf der Schulter getragen. Der Meeresgott steht auf einem Delphin, aus dessen geöffnetem Maul das Wasser quillt. Darunter knien Satyrn und stützen den Aufsatz. Das herab rinnende Wasser wird in einer muschelförmigen Schale gesammelt, die innen mit allerfeinsten farbigen Chinoiserien bemalt ist.
Dass Porzellan in allen Lebenslagen verwendet wurde, beweist der kostbare, mit viel Gold und feinen Malereien dekorierte Bourdalou: ein Urinal, welches die Dame von Welt mit sich führen konnte. Benannt ist es nach dem Hofprediger König Ludwigs XIV. von Frankreich, dessen berühmt gute Predigten allerdings sehr lange dauerten…
Kostbare Leihgaben, unter anderem aus dem Museum für Ostasiatische Kunst in Köln, ergänzen die Sonderausstellung. Das Phänomen Meißen wird in den historischen Kontext gestellt, der Einfluss chinesischer Porzellane, der damals von entscheidender Bedeutung war, wird herausgestellt. Die Sammlung Ludwig mit ihrem großen Bestand aus der Frühzeit der Manufaktur kann die Faszination des 18. Jahrhunderts für das Porzellan erlebbar machen. Das völlig neue Material, das unerschöpfliche Möglichkeiten der Gestaltung bot, zugleich ästhetisch vollkommen und zweckmäßig war, nahm damals einen kometenhaften Aufstieg und eroberte innerhalb weniger Jahrzehnte die europäische Tischkultur.
In einem Ausblick wird die Verbreitung des Porzellans und der immense Einfluss Meißens auf die anderen deutschen Manufakturen in der Ausstellung vorgestellt. Auch wenn das berühmte Arkanum, das Geheimnis der Porzellanherstellung, nicht auf der Albrechtsburg in Meißen gehütet werden konnte, und der ehrgeizige Wetteifer fürstlicher Höfe zu zahlreichen Gründungen von Porzellanmanufakturen führte, blieb Meißen noch für lange Zeit der Maßstab für Porzellan.
Die Sonderausstellung bot den Anlass, den lange vergriffenen Katalog der Sammlung Ludwig völlig zu überarbeiten, zu ergänzen und neu herauszugeben.