Tee und Porzellan
Tee ist allein deshalb ein Getränk der Superlative, weil es, weltweit gesehen, nach Wasser das am meisten konsumierte Getränk ist. Dabei ist die Vielfalt an Sorten und Aromen, an Qualität und auch bei der Zubereitung riesig. Während die einen dem Tee viel Aufmerksamkeit, Zeit und Hingabe widmen - denken wir nur an die japanische Teezeremonie - hängen die anderen gedankenlos einen Beutel in heißes Wasser.
So oder so, es lohnt sich, einen Blick auf den Tee zu werfen. Wie kam er nach Europa? Wie wurde er hier aufgenommen und genossen?
Wie der Tee nach Europa kam
Die Kenntnis des Tees verdankten die Europäer Giambattista Ramusio (1485 – 1557), einem italienischen Historiker und Verfasser von Reiseberichten, der über Tee aber nur aus zweiter Hand berichten konnte. 1610 kam die erste Teesendung aus Fernost per Segelschiff in die Niederlande. Schon ab 1638 gehörte Tee zu jeder Schiffsladung aus Ostasien, die Europa erreichte.
Wie alle unbekannten, exotischen Neuankömmlinge, wurde auch der Tee von den Europäern zunächst misstrauisch beäugt. Es gab lange Abhandlungen, die vor den Gesundheitsgefahren warnten, die mit dem Genuss des fremden Heißgetränkes einhergehen sollten. Unter den Wissenschaftlern entsponnen sich hitzige Debatten um das Für und Wider. Die einen sahen darin ein Allheilmittel, die anderen fürchteten, dass warme Getränke „ein schwammiges Fleisch, schwache Nerven, Blödigkeit des Verstandes“ und andere Schrecknisse mehr verursachen könnten. Ein holländischer Arzt etwa schrieb im Jahr 1678 14 Kapitel mit 290 Seiten zur Verteidigung des Tees, bevor er zur Anleitung der richtigen Zubereitung kam.
Was man zum Teetrinken alles braucht
Erstaunlich, wieviel Zubehör im 18. Jahrhundert zum Teetrinken für nötig erachtet wurde. Dabei orientierte man sich zunächst an den Ländern, in denen der Tee schon seit Jahrhunderten gebräuchlich war: In China und Japan hatten sich für den Tee schon lange bestimmte Gefäßtypen herausgebildet und bewährt. China lieferte die älteste Form der Tasse, eine kleine, henkellose, etwa halbkugelförmige Schale, die bei uns meist unter dem holländischen Namen Koppchen bekannt ist. Die Form hat sich bis auf den heutigen Tag erhalten. Auf europäische Bestellung traten die Untertasse und (später) der Henkel schon zu einer Zeit hinzu, als China noch alleiniger Porzellanlieferant war. Beide waren notwendige Ergänzungen, die von den europäischen Sitten verlangt wurden.
Europäische Tee-, Kaffee- und Schokoladenkannen unterschieden sich anfangs im Aussehen nicht voneinander. Erst nach der Porzellan-Neuerfindung in Meißen zu Beginn des 18. Jahrhunderts schuf man Formen, die sich mit nur geringen Abweichungen bis auf den heutigen Tag gehalten haben. Die Teekannen haben eine bauchige Gestalt, die eher breit als hoch ist. Auch sie gehen auf chinesische Vorbilder zurück. Die Schnauze zum Ausgießen ist meist weit unten angesetzt. Damit konnte man vermeiden, dass zu viele Teeblätter aus der Kanne in die Tasse gespült wurde, denn Teeblätter schwimmen oben.
Trotzdem ließ es sich nicht ganz vermeiden, dass Teeblätter in die Tasse gerieten. Deshalb gehörte zu jedem Service eine tiefe Schüssel, Kumme genannt. Bevor eine Tasse neu gefüllt wurde, entleerte man die Reste sowie das heiße Wasser, mit dem die Tasse ausgeschwenkt wurde, dort hinein.
Teeblätter sollen trocken und möglichst dicht verschlossen aufbewahrt werden, damit sie ihr Aroma nicht verlieren. Dafür gab es, auch wieder passend zum Service, porzellanene Teebüchsen. Den aufgestülpten Deckel konnte man als Mengenmaß für den Tee verwenden.
Auffällig ist das geringe Volumen der meisten Teekannen. Sie enthielten ein Konzentrat, das mit heißem Wasser aus großen Kesseln verdünnt wurde.
Zu guter Letzt finden sich in den Servicen auch noch Löffelablageschalen, die mit ihrem gezackten Rand sehr dekorativ wirken.
Nice to have: Der Teetisch
Damit nicht genug, waren in Skandinavien auch spezielle Teetische verbreitet. Große, bemalte Fayenceplatten mit aufgebogenem Rand wurden auf Holzgestelle montiert und dienten beim Teekränzchen zum Abstellen der Tassen und Kannen. Über den Grund einer solchen Erfindung kann man spekulieren. Entweder man wollte vermeiden, seinen schön furnierten Holztisch durch den Kontakt mit heißen Gefäßen oder gar verschüttetem Tee zu ruinieren oder man fürchtete, sich beim versehentlichen Umstoßen der Teetasse zu verbrühen. Der hohe Randwulst sollte in diesem Fall das Herunterlaufen der heißen Flüssigkeit verhindern. Welchen Grund es auch immer gab, dekorativ sind diese Tische in jedem Fall. Und, wie auch alle beschriebenen Gefäße, zu besichtigen in der Sammlung Ludwig Bamberg, sobald sie ihre Pforten wieder öffnen darf. Wir freuen uns darauf!
8. Januar 2021
Weiterführende Literatur aus unserer Schriftenreihe:
Goldchinesen und indianische Blumen
Die Sammlung Ludwig in Bamberg. Porzellan und Fayence.
Bestandskatalog
(= Schriften der Museen der Stadt Bamberg, Nr. 50)
Regina Hanemann (Hg.)
Petersberg 2010, ISBN: 978-3-86568-549-0
29,95 €