WALDESLUST | Jahresausstellung des BBK Oberfranken 2021

nur noch bis Sonntag, 28. November 2021!

Dem Thema "Waldeslust" widmet der BBK Oberfranken seine diesjährige Jahresausstellung vom 16.10. bis 28.11.21 in der Villa Dessauer in Bamberg. 34 Künstlerinnen und Künstler zeigen in ihren Werken eine große Bandbreite künstlerischer Ausdrucksmöglichkeiten, zu der sie die Auseinandersetzung mit dem komplexen und hochaktuellen Thema Wald inspiriert hat. Der Wald ist Sinnbild für Ruhe und Erholung und sein fragiles ökologisches Gleichgewicht ist die sichtbare Metapher für die natürliche Lebensgrundlage des Menschen, die wir im 21. Jahrhundert zu zerstören drohen.

Die deutsche Kulturgeschichte ist mit dem Wald auf vielfältige Weise verknüpft, weshalb das Verhältnis der Deutschen zum Wald einzigartig in Europa ist. Schon Tacitus schrieb in „De Germania“, daß dieses Land „mit seinen Wäldern einen schaurigen, mit seinen Sümpfen einen widerwärtigen Eindruck“ mache, denn den Germanen bot die dunkle und gefährliche Wildnis des Waldes im Kampf mit den Römern einen sicheren Rückzugsort, Ort von Dämonen und Fabelwesen, wo sie in heiligen Hainen ihren Göttern Opfergaben brachten.

Sehnsucht nach Natur
Doch schon im Mittelalter war der Wald durch Rodungen auf ein Drittel seiner ursprünglichen Größe geschrumpft und die fruchtbaren Laubwaldböden zugunsten von Nadelwald zerstört worden. Die einsetzende Industrialisierung verschlang im 18. Jahrhundert Unmengen der wichtigsten Ressource Holz, was schließlich zu einer weitgehenden Entwaldung Deutschlands führte. Damals wurde das Prinzip der Nachhaltigkeit erstmals formuliert, zugleich aber auch der Wald in den bewirtschafteten Forst umgewandelt. Die zunehmende Verstädterung weckte in der Epoche der Romantik eine neue Sehnsucht nach der Natur, die Idee der „Waldeslust“ war geboren. Goethe suchte auf Wanderungen Inspiration, Joseph von Eichendorff beschwor in seinen Gedichten den „rauschenden Wald“, während die Gebrüder Grimm mit ihren Märchenbänden unsere Vorstellung vom Wald bis heute prägen. Caspar David Friedrich schließlich schuf mit seinen Seelenlandschaften den Inbegriff der deutschen Romantik.

Waldsterben
In den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts beschäftigte das Waldsterben die Öffentlichkeit in Deutschland, doch war dies nur ein Vorbote für die Umweltkatastrophe des Klimawandels, der wir heute gegenüberstehen. Die dramatischen Auswirkungen des Klimawandels bleiben für viele Menschen abstrakt und zweifelhaft, doch die Dürrejahre der letzten Jahre, die Wälder in Mondlandschaften mit Baumgerippen verwandelt haben, sind der sichtbarste Beweis, daß die menschengemachte Klimakatastrophe wirklich stattfindet. Die Einschränkung des Reisens während des Lockdowns in Coronazeiten hat zu einer Wiederentdeckung des Waldes geführt, Wanderungen und Spaziergänge in der nahen Umgebung haben den Blick für die Sehenswürdigkeiten und Naturschönheiten vor Ort, und die kleinen, bisher unbedeutenden Dinge geschärft.

Unterschiedliche Ansätze
Die Künstlerinnen und Künstler des BBK Oberfranken sind der deutschen Kulturgeschichte des Waldes auf die unterschiedlichste Weise mit sehr individuellen Arbeiten nachgegangen, von der sprichwörtlichen Bedeutung des Wort Waldeslust, über die Wiedergabe subjektiver Naturstimmungen bis hin zum Umgang mit der Ressource Holz. Katja Wunderling stellt die Pflanze als Urbild des Lebens ins Zentrum ihrer Arbeit, indem sie aus organischen Formen des Mikro- und Makrokosmos Momentaufnahmen des natürlichen Werdens und Vergehens schafft. Peter Schoppel untersucht das Verhältnis von Chaos und Ordnung, deren Strukturen wie das undurchdringliche Geflecht des Unterholzes dazu einladen, dahinter geheimnisvoll florale Welten und verwunschene Orte zu entdecken. Die Textilkünstlerin Heidrun Schimmel thematisiert in ihrer Wandinstallation „überall und nirgendwo” den aufwändigen manuellen Prozess des Stickens und Fadenhaftens, dessen bewußte rhythmische Bewegung letztlich die Vorstellung von Zeit visualisiert, Zeit, die auch der Wald zum Wachsen benötigt. Einen ähnlich meditativen Ansatz verfolgt Gudrun Schüler, die inspiriert vom japanischen Begriff des „Waldbadens“ mit einer großformatigen Tuschezeichnung sowie abstrahierten Farbfeldlasuren in die Atmosphäre des Waldes mit seinen Kindheitserinnerungen, Märchen und Mythen eintaucht.

Wörtlich genommen
Dass man „Waldeslust“ auch wörtlich nehmen kann, zeigt Chris Engels mit ihrer Installation aus einem Hirschgeweih mit aufgespießten Kondomen. Der Hirsch als König des Waldes wird zum Sinnbild des Machismo, zugleich weist die Installation auf den Konflikt zwischen Mensch und Natur hin, der den Wald als Müllkippe oder auch als Ort des erotischen Stelldicheins benutzt. Auch der Bildhauer Thomas Gröhling beschäftigt sich mit dem komplizierten Verhältnis von Mensch und Tier, indem er die Villa Dessauer von seinen Wolfsplastiken durchstreifen läßt. Im Märchen personifizierte der Wolf das Böse, heute sorgt er nach seiner Ausrottung und Wiederansiedlung für widersprüchliche Diskussionen zwischen Naturschützern und Landwirten mit Viehbestand oder Spaziergängern. Das Spannungsverhältnis von Nähe und Distanz untersucht Hubert Sowa in seinen Landschaftszeichnungen, die er immer einem Stillleben gegenüberstellt, um so offensichtliche und verborgene Bezüge zwischen beiden Bildern herzustellen. Auf vielen Wanderungen während des Coronajahres entstanden, sind sie Zeugnis der Sehnsucht nach einem heimatlichen Fluchtort. Das Wandern während des Lockdowns stand auch für Thomas Michel am Anfang seiner Landschaftsgemälde, wobei er die Motive in der Fränkischen Schweiz oder dem Maintal auf gemeinsamen Wanderungen mit Freunden entdeckte. Inspiriert von der deutschen Romantik thematisieren seine Bilder die Grenze zwischen Urbanität und Natur sowie Relikte menschlicher Zivilisation, die sich die Natur wieder zurückholt. Gerhard Hagen untersucht das Recycling von Papier, Träger von menschlichem Geist, Daten oder einfach nur zum Verpacken von Gegenständen. Auf großformatigen Fotos zeigt er Altpapierballen in einheitlicher Größe vor goldenem Hintergrund, um zum Nachdenken über die Endlichkeit der Wiederverwertung von endlichen Ressourcen anzuregen. Künstlergespräche und vielfältige Begleitveranstaltungen ergänzen die Ausstellung zum Thema „Waldeslust“. Weitere Informationen unter bbk-oberfranken.de.

Ausstellungskatalog zum Download [hier].

Begleitprogramm:

17. Oktober,     15 Uhr: Führungen und Künstlerinnengespräch mit Christa Pawflowsky und Gudrun Schüler.
  6. November, 15 Uhr: Führungen und Künstlerinnengespräch mit Christa Sieben und Maria Söllner
14. November, 12 bis 14 Uhr: Matinée und Dokumentarfilm "Natur Natur sein lassen" im Lichtspielkino
21. November, 15 Uhr: Führungen und Künstlergespräch mit Thomas Brix, Gerhard Hagen und Thomas Michel

 

MUSEEN DER STADT BAMBERG
Stadtgalerie Bamberg – Villa Dessauer
Hainstr. 4a,  96047 Bamberg
Tel. +49 (0)951. 87 1861 (Kasse),  +49 (0)951.87 1142 (Verwaltung)
www.museum.bamberg.demuseum@stadt.bamberg.de

Öffnungszeiten:
Nur während der Sonderausstellungen geöffnet!
Do-So  u. feiertags  12-18 Uhr