Porträt der Bildhauerin Maria Lerch

Otto Boveri, um 1935, Öl auf Leinwand, Historisches Museum Bamberg, Inv. Nr. 1000

Die Frau im dunkelblauen Kleid lehnt lässig an einem Holztisch, ihr Arm liegt locker auf der hellen Platte. Die rechte Hand verschwindet in der Tasche ihres Kleides. Ihr selbstbewusster Blick durchdringt den Betrachter. Es kann etwas Nachdenkliches – in sich gekehrtes – in ihrem Gesicht entdeckt werden. Im Hintergrund offenbart ein Tuch, wie ein Vorhang, bereits bearbeitete Skulpturen. 


Otto Boveri, der den Expressionismus nach Bamberg brachte, musste sich genauso wie andere Künstler entscheiden, dem eigenen Stil treu zu bleiben oder sich der Stilauffassung des NS-Regimes anzuschließen. Sich selbst treu zu bleiben, hieß unausweichlich ein Malverbot und es konnte zu schlimmeren Konsequenzen führen. Boveri entschloss sich für den Weg des Rückzugs und malte nach 1933 nur noch im Privaten. So auch das um 1935 entstandene Porträt von Maria Lerch. Maria Lerch, eine befreundete Bildhauerin und Kunstlehrerin, wird hier als selbstbewusste Frau dargestellt, die sich in ihrem gewohnten Wirkungsfeld, ihrer Werkstatt in der Alten Hofhaltung, befindet. Ihre lockere Körperhaltung steht dabei im Widerspruch zum traurigen Blick. Plagen sie finanzielle oder private Sorgen? Oder denkt sie über das politische Geschehen nach, welches bald in einem Zweiten Weltkrieg münden wird? Was es auch sein mag, Boveri porträtiert Maria Lerch in diesem Gemälde als eine vielschichtige Persönlichkeit, die Spielräume für Interpretation eröffnet. 


Potenzielle Antworten – oder vielleicht sogar neue Fragen – zu Otto Boveri, Maria Lerch und anderen Künstlern und Künstlerinnen der 20. Jahrhunderts können ab dem 1. April in zwei neuen Räumen der Ausstellung „100 Meisterwerke“ im Historischen Museum entdeckt werden.