Historische Museum in der Alten Hofhaltung am Domplatz.

Allgemeine Informationen

Hochrad

Singer & Co., Coventry, England, um 1885, Eisen, Lenkergriffe und Pedale Holz, Sattel Leder, Bereifung Vollgummi, Museen der Stadt Bamberg, Inv. Nr. 2/357

Ende des 19. Jahrhunderts stieg allgemein und natürlich auch in der Bamberger Bevölkerung der Wunsch nach größerer Mobilität und die Begeisterung für sportliche Betätigung.

Anfang der 80er Jahre des 19. Jahrhunderts kamen die ersten Hochräder auf den Markt. Zu Beginn wurden die Räder meist aus England importiert, eine richtige Fahrradindustrie kam in Bayern nicht vor Mitte der 80er Jahre auf. Unser Hochrad ist von der Firma Singer, die den meisten eher als Marke für Nähmaschinen bekannt ist.

Ein Hochrad kostete damals ein Vermögen, ungefähr das Jahresgehalt eines einfachen Industriearbeiters. Es war darum ein Sport- und Freizeitgerät für das gehobene Bürgertum. Man thronte mehr oder weniger elegant über den Fußgängern. Das Fahren auf einem Hochrad erforderte viel Geschicklichkeit und war sehr gefährlich. Ein Bremsen, ein Sturz aus der Höhe führte zu schlimmen Kopfverletzungen.

Trotzdem - oder deswegen - entwickelte es sich zu einem Sportgerät, auf dem junge Männer an Rennen teilnahmen. Mit einem Hochrad war rasantes Tempo möglich, denn je größer der Durchmesser des Vorderrades, desto weiter ist der Weg, den man mit einer Kurbelumdrehung zurücklegen kann. Das erste Bahnrennen in Deutschland fand 1880 in München statt. Schon zwei Jahre später, 1882, wurde der Bamberger Velociped-Club gegründet, 1884 errichtete man im Hain eine Radrennbahn.

Hochräder wurden bald zu Museumsstücken im wahrsten Sinn des Wortes, denn sie entpuppten sich als Sackgasse in der Geschichte der Fahrradentwicklung. Bereits wenige Jahre nach ihrer Einführung konstruierte ein Engländer ein Niederrad, den eigentlichen Prototyp des modernen Fahrrads. Es war einfacher zu bedienen und weniger gefährlich.

Selbst wenn das Hochrad in der Sammlung der Museen der Stadt Bamberg kein Museumsobjekt wäre, ist es zum Gebrauch wenig geeignet. Der Sattel sitzt viel zu weit hinten. Historische Fahrräder wurden später bei Umzügen von Radfahrervereinen gerne als Kuriositäten präsentiert und in der Regel schlecht gepflegt, was sich häufig auch in nur notdürftigen Instandsetzungen und unsachgemäßen Umbauten äußert.

Das Hochrad ist bis zum 30. Oktober im Historischen Museum in der Ausstellung “Eine neue Zeit bricht an” zu sehen.