Die Anatomie des Dr. Tulp
Willy Fries, Kopie Rembrandt van Rijn, 1904, Öl auf Leinwand, Historisches Museum Bamberg, Inv.Nr.153
Der Zürcher Willy Fries studierte Malerei an der Münchner Akademie und war bereits als Porträtist und Kopist bekannt, als ihn der Bamberger Arzt Dr. Hans Weyermann kennenlernte. Nachdem der Arzt sich porträtieren ließ, beauftragte er den jungen Maler, seine Lieblingsbilder aus den Münchner Sammlungen zu kopieren. Da der Bamberger Arzt mit diesen Kopien sehr zufrieden war, bestellte er eine Kopie des berühmten Gemäldes „Anatomie des Dr. Tulp“ von Rembrandt aus dem Jahr 1632. Das Gemälde hing damals bereits im Mauritshuis in Den Haag, und so finanzierte Weyermann dem Maler Willy Fries eine fast einjährige Studienreise nach Den Haag. Im Frühjahr 1904 begann Fries, die Kopie des berühmten Gemäldes von Rembrandt in Originalgröße zu malen und stellte sie noch vor Weihnachten fertig. Nicht nur Weyermann war von der Qualität der Kopie sehr angetan, auch der Museumsdirektor und Rembrandt-Forscher Abraham Bredius scheint das Gemälde sehr geschätzt zu haben. Die Kopie von Willy Fries wurde auch an verschiedene Ausstellungen in München und Berlin ausgeliehen. Nach dem Tod Weyermanns vermachte die Witwe des Arztes 1924 auf dessen Wunsch mehrere Gemälde, darunter die „Anatomie des Dr. Tulp“, der Heimatstadt ihres Mannes.
Im 19. Jahrhundert wurden Kopien zum Teil bewusst in Auftrag gegeben und gesammelt, um private und museale Sammlungen mit Werken zu bereichern, die man im Original nicht bekommen hatte. In derselben Zeit gab es auch die Tendenz, die niederländische Malerei des 17. Jahrhunderts stilistisch nachzuahmen. Diese Werke waren sehr beliebt und verkauften sich gut auf dem damaligen Kunstmarkt. Im Raum „Vorliebe und Nachahmung“ der Ausstellung „Bilderspaziergang“ im Historischen Museum sind neben der Kopie der „Anatomie des Dr. Tulp“ weitere Kopien von Rembrandts Werken, aber auch andere Arten von Nachahmungen zu sehen. So entstanden in der Bamberger Werkstatt der Familie Treu Bilder, die sich in Themenwahl und Stil an der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts orientieren. Neben den Familienmitgliedern bildete sich in dieser Werkstatt auch Joseph Dorn aus. Er malte eigene Kompositionen, übernahm aber auch Bildthemen und Stile aus Werken berühmter niederländischer Künstler.
Das Gemälde wurde 2023 mit dem „Welterbe-Fünfer“, einer Spende des Bamberg Tourismus & Kongress Services (TKS) und der Gemeinschaft der zertifizierten Gästeführerinnen und Gästeführer restauriert und neu gerahmt.